Da Holz heute in immer vielfältigeren Bauwerken eingesetzt wird, ist es entscheidend, die Eigenschaften dieses Materials sehr genau zu kennen. Jean-Bernard Litzler
Alle Geheimnisse des Holzes zu entschlüsseln, ohne es wirklich zu berühren – das ist der Anspruch dieser Technologie, die vom französisch-schweizerischen Unternehmen CBS-CBT entwickelt wurde. Unter dem Namen Sylvatest präsentiert sie sich wie eine echte Röntgenaufnahme des Holzes und ermöglicht es, dessen physikalische und mechanische Eigenschaften zu bestimmen, ohne es zu beschädigen. Der Test kann sowohl im Wald als auch im Sägewerk oder an bestehenden Gebäuden durchgeführt werden. Der französisch-schweizerische Ingenieur Jean-Luc Sandoz entwickelte und verfeinerte diese Lösung über fast 15 Jahre hinweg. Er war zuvor Forscher und Dozent an der ETH Lausanne, bevor er mehrere holzbezogene Unternehmen gründete.
Von Anfang an nutzte das Gerät Ultraschallwellen, die das geprüfte Holzstück durchdringen. Die Geschwindigkeit ihrer Ausbreitung wird gemessen und analysiert. In Verbindung mit fundierter Forschung in der Materialtechnik ermöglichen diese Daten die Erstellung eines präzisen Identitätsprofils der mechanischen Eigenschaften des untersuchten Elements. In Korrelation mit der Dichte und Steifigkeit des Holzes erlaubt diese Laufzeitbestimmung die Einschätzung seiner mechanischen Festigkeit und seines Elastizitätsmoduls (der Widerstandsfähigkeit gegenüber Verformung).
Die Technologie überzeugt weltweit sehr unterschiedliche Anwender. Besonders häufig kommt sie bei Restaurierungsarbeiten an historischen Gebäuden zum Einsatz. Beim Wiederaufbau von Notre-Dame de Paris wurde die Auswahl der besten Eichen für den Dachstuhl der Turmspitze im Sägewerk mithilfe von Sylvatest getroffen. Ebenso in der Verbotenen Stadt in Peking, wo zahlreiche Säulen und Balken untersucht wurden. Das Verfahren eignet sich jedoch auch für hochwertige Holzobjekte: Flugzeuge des französischen Herstellers Robin Aircraft, Baseballschläger aus Fichtenholz sowie im Bereich der Geigenbaukunst – etwa die jahrhundertealten Fichten des Risoux-Waldes, die für ihre akustischen Qualitäten bekannt sind.
Das Unternehmen treibt seine Innovationen weiter voran und hat sein Hauptgerät nun mit Bluetooth ausgestattet, um die Anwendung zu erleichtern und eine noch umfassendere Diagnose zu ermöglichen. In wachstumsstarken Märkten wird die Technologie auf Großbaustellen eingesetzt: zur Prüfung von Holzstrommasten, Eisenbahnschwellen sowie für die Sicherheit von Kupferbergwerken in Chile, die Sortierung von Holzpfählen in Afrika und die Auswahl von Bauholz in Nordeuropa. Laut CBS-CBT ermöglicht eine frühzeitige Holzprüfung die bestmögliche Sortierung und kann die Lebensdauer ausgewählter Teile im besten Fall im Vergleich zu unklassifiziertem Holz verdoppeln.
Neueste Entwicklung: die Einführung des Tests in Malaysia. Ein äußerst attraktiver Markt, da das Land fast 3000 verschiedene Holzarten zählt – gegenüber etwas mehr als 120 in Europa. Diese Vielfalt bietet spannende Perspektiven für die optimale Nutzung tropischer Hölzer in Bezug auf ihre mechanischen und strukturellen Eigenschaften. Ein neues Einsatzfeld für Jean-Luc Sandoz und sein Unternehmen, um ihr Motto umzusetzen: das Material hören, ohne es jemals zu verletzen.